24.10.2018

Aktuelle Informationen Wölfe in Sachsen

Karte Territorien Monitoringjahr 2017/2018
Wolfsvorkommen in Sachsen im Monitoringjahr 2017/2018 (Stand Oktober 2018). Die Darstellung der Territorien ist schematisch. Tatsächlich grenzen die einzelnen Territorien überall aneinander oder überlappen sich teilweise. Schraffiert gekennzeichnet ist das Gebiet Laußnitzer Heide, in dem der Status unklar ist. Angrenzend an das sächsische Wolfsgebiet gibt es auch in Brandenburg und Polen flächendeckend Wolfspräsenz. Darüber hinaus wurde südlich der sächsischen Vorkommen in Tschechien im Rahmen des OWAD-Projektes ein Wolfsterritorium im Nationalpark Tschechische Schweiz (NCS) und eines im Erzgebirge (VYS) nachgewiesen. 

Dank neuer Erkenntnisse aus dem Wolfsmonitoring konnte der Wissensstand zu den Wolfsterritorien in Sachsen aktualisiert werden. Im Monitoringjahr 2017/2018 gab es demnach in Sachsen 22 bestätigte Wolfsterritorien.

Davon liegen 19 Territorien ganz im Freistaat Sachsen und drei Territorien sind grenzübergreifend: eines zu Brandenburg, eines zu Sachsen-Anhalt  und ein weiteres zur Tschechischen Republik. Sieben weitere Wolfsterritorien haben nur einen kleinen Teil ihres Gebietes auf sächsischer Seite und werden daher in den Nachbarländern mitgezählt.

Entwicklung in Sachsen:

Im letzten Monitoringjahr* 2017/2018 wurden im Freistaat Sachsen 18 Rudel und vier Paare nachgewiesen (siehe Kartenausschnitt, DBBW/Territorien). Drei davon sind neue Vorkommen: Die Paare Delitzsch, Dübener Heide und Großhennersdorf. Während das Paar in der Dübener Heide (LK Nordsachsen) bereits im Winter 2017/2018 durch das Monitoring als Paar bestätigt werden konnte, gelang für die Paare bei Großhennersdorf (LK Görlitz) und Delitzsch (LK Nordsachsen) die Bestätigung des Status erst rückwirkend, weil der Nachweis von Welpen in diesen Territorien im Sommer 2018 erfolgte. Für das Paar im Raum Delitzsch war zunächst auch noch unklar, ob es ein eigenständiges Vorkommen ist. Das Vorkommen in der Königsbrücker Heide ist dagegen schon lange bekannt. In den vergangenen Jahren wurde es stets als Rudel eingestuft. Aus dem Monitoringjahr 2017/2018 wurden allerdings nie mehr als zwei Wölfe zusammen und keine Reproduktion nachgewiesen. Daher wurde dieses Vorkommen als Paar eingestuft.

Im Monitoringjahr 2017/2018 konnten außerdem in vier Territorien Rudel festgestellt werden, welche im Jahr zuvor (2016/2017) als Paare geführt wurden (Cunewalde, Dahlener Heide, Hohwald, Stolpen/Hohnstein). Darüber hinaus konnte mit dem Rudel Knappenrode II ein neues Territorium nachgewiesen werden, welches bis dahin noch nicht bekannt gewesen war.

Über die Nachweise im Raum Delitzsch und die neuen Territorien Dübener Heide, Großhennersdorf und Stolpen/Hohnstein berichtete das Kontaktbüro bereits. Seit dem Monitoringjahr 2014/2015 gab es einzelne Hin- und Nachweise im Bereich zwischen Löbau und Zittau. Im Laufe des aktuell laufenden Monitoringjahres 2018/2019 gelangen schließlich Fotofallenaufnahmen einer Wölfin mit Gesäuge und von Welpen, dieses Vorkommen wird daher rückwirkend für 2017/2018 als Paar gezählt.

Bei den beiden im Sommer im Raum Delitzsch mit einer Fotofalle nachgewiesenen Wölfen musste zunächst noch herausgefunden werden, ob diese zu dem schon nachgewiesenen Territorium in der Dübener Heide gehören könnten. Nun ist klar, dass es sich um ein eigenes Vorkommen handelt. Im Nordwesten Sachsens sind damit für das Montoringjahr 2017/2018 zwei neue Wolfsterritorien zu verzeichnen.

Nach Auswertung der genetischen Daten gibt es zu den in der Massenei aufgetretenen Wölfen einen neuen Wissensstand: Offenbar ist das Vorkommen in der Massenei kein eigenes, sondern es liegt eine räumliche Verschiebung bzw. eine Ausweitung des bereits bekannten Hohwald-Territoriums bis in die Massenei vor.

Neu ist dagegen das Knappenrode II-Rudel, dessen Existenz erst durch die Auswertung aller genetischen Daten deutlich wurde. Die am 10.06.2018 tot im Tagebausee Mortka (LK Bautzen) gefundene Jährlingsfähe kann diesem Rudel zugeordnet werden. Sie wurde bereits im November 2017 im Raum Knappenrode genetisch bestätigt. Das Knappenrode II-Rudel wird damit auch rückwirkend für das Monitoringjahr 2016/2017 als Paar gezählt. Das ursprüngliche Knappenrode-Rudel hatte bereits im Herbst 2016 sein Kerngebiet nach Norden ins Seenland verlagert und das dortige Rudel verdrängt. Zur besseren Unterscheidung wird es nun Knappenrode/Seenland-Rudel genannt.

Die Auswertung der genetischen Daten in Kombination mit Fotobelegen lieferte auch andere interessante Ergebnisse in bereits bekannten Rudeln, z.B. im Daubitzer und Milkeler Rudel. In beiden Territorien kam es zu Doppelreproduktionen, d.h. es haben sich jeweils mehr als nur ein Wolfspaar innerhalb dieser Territorien fortgepflanzt. Im Daubitzer Rudel konnte über Fotofallen der Nachweis erbracht werden, dass es im Sommer 2017 zwei säugende Fähen und zwei markierende Rüden gab. Die genetischen Analysen bestätigten nun die aus den Vorjahren bekannten Eltern als eines der beiden Paare.

Im Milkeler Rudel konnte dagegen über Fotofallenbilder neben dem aus den Vorjahren bekannten Paar auch eine junge Fähe mit Gesäuge bestätigt werden. Genetische Ergebnisse zeigten, dass sich zwei Töchter des Paares im Gebiet fortgepflanzt hatten. Das alte Paar war dagegen zwar im Fotofallen-Monitoring sehr präsent, aber nicht mehr am Reproduktionsgeschehen beteiligt. Eine der beiden Töchter hatte sich mit einem im Monitoring bereits lange bekannten Rüden zusammengetan: Ein wahrscheinlich 2006 geborener Sohn des Nochtener Rudels, der zunächst 2008 - 2011 und 2013 im Daubaner Rudel der Vaterrüde war, dann ins Nochtener Rudel zurückkehrte, wo er 2014 - 2016 mit seiner drei Jahre jüngeren Schwester verpaart war. Schließlich war er 2017 für eine Saison Vater von Welpen im Milkeler Rudel, bevor er am 13.01.2018 auf der B156 bei Uhyst überfahren wurde.

Die Doppelreproduktionen deuten einerseits daraufhin, dass die Nahrungsgrundlage für die Wölfe in Ostsachsen nach wie vor gut ist, zeigen andererseits aber auch die Konkurrenz zwischen benachbarten Rudeln. Größere Rudel haben bessere Chancen, das eigene Territorium und die damit einhergehenden Nahrungsressourcen gegenüber Nachbarfamilien verteidigen zu können.

Im aktuell laufenden Monitoringjahr 2018/2019 konnte bisher in 18 Rudeln der Nachweis von Reproduktion durch Aufnahmen von Welpen oder einer Fähe mit Gesäuge erbracht werden (Welpenaufnahmen: Biehain, Cunewalde, Dahlener Heide, Dauban, Daubitz, Delitzsch, Dübener Heide, Gohrischheide, Großhennersdorf, Knappenrode/Seenland, Knappenrode II, Neustadt, Nochten, Raschütz, Rosenthal; Fähe mit Gesäuge: Hohwald (Massenei), Kollm, Milkel). Aus den Territorien Königsbrücker Heide, Königshainer Berge, Niesky und Stolpen/Hohnstein liegen noch keine Nachweise von Welpen vor.

Hinweise aus der Bevölkerung sind für das Wolfsmonitoring eine wertvolle Hilfe und werden immer gerne angenommen. Oft sind sie erste Anhaltspunkte für Neuetablierungen, helfen aber natürlich auch in bestehenden Territorien den Status ermitteln zu können. Bitte melden Sie Wolfshinweise an das Landratsamt Ihres Landkreises, an das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ (Tel. 035772 / 46762, kontaktbuero@wolf-sachsen.de) oder an das LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland (Tel. 035727 / 57762, kontakt@lupus-institut.de).

Tote Wölfe:

In Sachsen wurden 2018 bisher 14 Totfunde gemeldet (DBBW/Totfunde). In zwei dieser Fälle waren die Tiere infolge eines Verkehrsunfalles so schwer verletzt, dass sie von einem Veterinär eingeschläfert werden mussten. Dies betraf am 24.01.2018 eine Welpenfähe des Milkeler Rudels auf der B156 zwischen Boxberg und Uhyst (LK Görlitz) und am 17.04.2018 einen aus dem Knappenrode/Seenland-Rudel stammenden, erwachsenen Rüden an der S94 zwischen Bernsdorf und Kamenz (LK Bautzen).

Ein erwachsener Rüde wurde am 02.02.2018 im nördlichen Landkreis Görlitz im Rahmen einer naturschutzfachlich genehmigten Entnahme getötet. Er war u.a. verantwortlich für drei Ende Dezember 2017 auf bewohnten Grundstücken in Krauschwitz und Weißkeißel erfolgte Übergriffe auf Hunde, denen zwei Hunde zum Opfer fielen. Das Tier ließ sich aufgrund starker Räudesymptome genau identifizieren. Wie die Obduktion und die damit einhergehenden Untersuchungen ergaben, befand sich der Rüde in einem schlechten Gesundheitszustand. Er wies eine starke Entzündung im Bereich der Lendenwirbelsäule und u.a. eine Leberentzündung auf.

Ursprünglich stammte er aus dem Wymiarki-Territorium in Westpolen und war, wie die Auswertung aller vorliegenden Genetikproben inzwischen ergab, im Monitoringjahr 2017/2018 der Vater der Nochtener Welpen. Seit Spätherbst 2017 war er aber offenbar nicht mehr Teil des Nochtener Rudels, wie Fotofallenbilder belegen.

Am Ufer des Tagebausees Mortka (LK Bautzen) wurde, wie oben berichtet, am 10.06.2018 eine Jährlingsfähe tot aufgefunden, die aus dem Territorium Knappenrode II stammt. Sie wies im Brustraum Löcher auf und war mit Hilfe von Betongewichten dort versenkt worden. Die Untersuchung am Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin bestätigte den Verdacht der illegalen Tötung. Das Landratsamt Bautzen stellte Strafanzeige. Die Polizei nahm entsprechende Ermittlungen auf.

Am 18.03.2018 wurde ein männlicher Welpe, der erhebliche Räudesymptome aufwies, in einem Pferdestall bei Jerchwitz (LK Görlitz) tot aufgefunden. Er stammte aus dem Kollmer Rudel.

Auch zwei diesjährige Welpen wurden im Sommer tot gefunden: Ein männlicher Welpe des Knappenrode/Seenland-Rudels starb am 03.07.2018 bei Sabrodt (LK Bautzen) an einem Verkehrsunfall und ein aus dem Rosenthaler Rudel stammender männlicher Welpe wurde am 16.07.2018 auf einem Betriebsgelände bei Holschdubrau (LK Bautzen) tot aufgefunden. Das Tier war an den Folgen einer Darm- und Lungenentzündung auf natürliche Weise gestorben.

Herdenschutz:

Im Jahr 2018 (Stand: 22.10.2018) wurden dem Wolfsmanagement im Freistaat Sachsen 104 Schadensfälle an Haus- und Nutztieren gemeldet. In 54 Fällen war der Wolf als Verursacher wahrscheinlich bzw. nicht auszuschließen. Dabei wurden insgesamt 145 Tiere getötet, 16 sind vermisst und 34 verletzt. 18 Fälle sind derzeit noch in Bearbeitung. Betroffen waren hauptsächlich Schafe und Ziegen (170), teilweise Damwild (18), außerdem ein Rind, ein Hund und zwei Kaninchen.

Zum Schutz der Haus- und Nutztiere ist es wichtig, dass Zäune regelmäßig überprüft und eventuell vorhandene Schwachstellen zeitnah beseitigt werden. Schaf- und Ziegenhalter, sowie Betreiber von Wildgattern haben im Freistaat Sachsen die Möglichkeit, sich Herdenschutzmaßnahmen, wie z.B. die Anschaffung von Elektrozäunen, über die Richtlinie »Natürliches Erbe« NE/2014 fördern zu lassen.

Nicht elektrifizierte Festzäune aus Maschendraht, Knotengeflecht oder ähnlichem Material sind nicht zu empfehlen, da sie von Wölfen leicht untergraben, übersprungen oder überklettert werden können. Der Freistaat Sachsen führt derzeit ein Pilotvorhaben zur Verbesserung des Schutzes von Festzäunen durch. Dabei soll die Schutzwirkung zusätzlicher, stromführender Leiter an bestehenden Festzäunen erprobt werden.

Tierhalter, die Fragen zu geeigneten Schutzmaßnahmen haben bzw. Informationen zu den Fördermöglichkeiten wünschen, können sich kostenfrei vor Ort beraten lassen.

Regionale Zuständigkeit und Kontaktdaten der Beauftragten für Herdenschutz:

Landkreise Nordsachsen, Leipzig, Mittelsachsen, Zwickau, Erzgebirge und Vogtland, sowie die Städte Leipzig und Chemnitz:

Herr Klausnitzer

Fachbüro für Naturschutz und Landschaftsökologie

04741 Roßwein OT Haßlau

Tel.: 0151 / 5055 1465

E-Mail: herdenschutz@klausnitzer.org

Landkreise Görlitz, Bautzen, Meißen und Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, sowie die Stadt Dresden:

Herr Klingenberger

Biosphärenreservatsverwaltung Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft

02694 Malschwitz OT Wartha, Warthaer Dorfstraße 29

Tel.: 0172 / 3757 602

E-Mail: andre.klingenberger@smul.sachsen.de

*Im Rahmen des Wolfsmonitorings werden die erhobenen Daten jährlich basierend auf dem Monitoringjahr, nicht anlehnend an das Kalenderjahr, zusammenfassend ausgewertet. Das Monitoringjahr läuft jeweils vom 01. Mai eines Jahres bis zum 30. April des darauffolgenden Jahres. Der Zeitabschnitt umfasst ein biologisches »Wolfsjahr«, von der Geburt der Welpen bis zum Ende ihres ersten Lebensjahres.

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